Wissen und Informationen rund um das Thema Darmgesundheit.

Reizdarm: Leidvolle Belastung im Alltag

Reizdarm

Reizdarm – knapp 20 Prozent der Deutschen hat regelmäßig mit Darmbeschwerden zu kämpfen. Ob Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung: Das Reizdarmsyndrom tritt immer häufiger auf.

Sieben Meter lang ist der Darm eines Erwachsenen im Durchschnitt. Seine Darmoberfläche besteht aus Millionen winziger Fältchen und Zotten, die die Oberfläche zusätzlich vergrößern. Damit ist er das größte menschliche Organ. Und eigentlich müsste ihm schon allein deswegen die entsprechende Aufmerksamkeit gebühren. Doch meist strafen wir unseren Darm mit Missachtung, essen üppig, ungesund, zu scharf oder zu salzig und geben ihm so ordentlich zu tun. Hinzu kommt allzu oft chronischer Alltagsstress, der ebenfalls auf den Darm schlagen kann – und ihn zum Reizdarm machen kann. Dass der Darm für unser Wohlbefinden von großer Bedeutung ist, fällt meist erst dann auf, wenn er nicht so funktioniert, wie gewohnt.

Was ist das Reizdarmsyndrom?

Magen-Darm-Beschwerden gehören zu den zehn häufigsten Anlässen für einen Arztbesuch. Oft stellt sich dabei heraus, dass keine ernsthafte Erkrankung vorliegt, sondern eine sogenannte funktionelle Störung: ein Reizdarm. Die Diagnose Reizdarmsyndrom stellt der Arzt aber erst endgültig, wenn er keine anderen Ursachen für die Beschwerden gefunden hat. Das ist nicht immer einfach. Denn mit den üblichen Untersuchungsmethoden lässt sich oft keine organische oder biochemische Ursache finden. Und viele Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes verursachen ähnliche Symptome. Dazu zählen:

• Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), Laktose- oder Fruktose-Intoleranz
• Chronische Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn
• Erkrankungen der Leber, der Gallenblase oder der Bauchspeicheldrüse wie zum Beispiel eine Fettleber, Gallensteine oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung
• Magenkrankheiten wie die Magenschleimhautentzündung

Auch Grunderkrankungen wie Diabetes oder mögliche Nebenwirkungen von regelmäßig eingenommenen Medikamenten muss der Arzt als Ursache ausschließen. Gleiches gilt für bösartige Veränderungen der Darmschleimhaut. Letztendlich ist das Reizdarmsyndrom die klassische Ausschlussdiagnose. Wichtig: Ein Reizdarm ist im Alltag belastend – aber nicht gefährlich.

Der Reizdarm oder das Reizdarmsyndrom (engl. irritable bowel syn- drome, IBS) wurde früher auch als irritables Colon bezeichnet. Dieser Ausdruck wird heute nicht mehr verwendet, da man inzwischen davon ausgeht, dass die Krankheit nicht allein den Dickdarm, also das Colon, betrifft.

Welche Symptome verursacht ein Reizdarm?

Zu den typischen Symptomen des Reizdarms gehören Bauchschmerzen, die meistens krampfartig sind. Die Schmerzen können jedoch auch in Wellen auftreten oder dem Gefühl von Seitenstechen ähneln. Die Bauchschmerzen entstehen durch die gereizte Darmschleimhaut, aber auch durch die Aufdehnung der Darmwand, die wiederum auf einer vermehrten Gasbildung beruht. Oft gehen die Schmerzen mit Völle- oder Spannungsgefühlen einher. Außerdem gehören Blähungen, Durchfall oder Verstopfung oder auch beides im Wechsel zu den Symptomen.

Je nachdem, welches Symptom im Vordergrund steht, unterscheidet man zwischen folgenden Typen:

• Reizdarm mit überwiegend Verstopfung
• Reizdarm mit überwiegend Durchfall
• Reizdarm mit überwiegend Schmerzen
• Reizdarm mit überwiegend Blähungen

Es gibt Mischformen, manchmal wechselt ein Krankheitstyp auch komplett. Typisch für ein Reizdarmsyndrom ist, dass sich die Schmerzen nach dem Stuhlgang bessern. Nächtliche Beschwerden sind beim Reizdarm äußerst selten.

Die entsprechenden Symptome werden dann als Reizdarm klassifiziert, wenn sie wenigstens einmal wöchentlich auftreten und bereits seit längerer Zeit bestehen. In der Leitlinie der deutschen Fachgesellschaft wird als zusätzliches Kriterium aufgeführt, dass Betroffene ärztliche Hilfe suchen, weil sie sich durch die Beschwerden in ihrer Lebensqualität erheblich beeinträchtigt fühlen.

Gegen einen Reizdarm sprechen Symptome wie Blut im Stuhl, Gewichtsverlust, eine kurze Krankheitsgeschichte oder ein sich verschlechterndes Krankheitsbild. In solchen Fällen ist eine andere Erkrankung des Magen-Darm-Traktes wahrscheinlich und ein Arztbesuch dringend erforderlich.

Die Ursachen des Reizdarmsyndroms

Früher wurde oft vermutet, dass die Reizdarm-Beschwerden auf einer nervösen Psyche beruhen. Insbesondere, weil sich meist keine organische Ursache feststellen lässt. Doch die bisherigen Forschungen haben gezeigt, dass auch kleinste Entzündungsherde, eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut, ein Ungleichgewicht in der bakteriellen Besiedlung des Darms sowie die Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Nervensystem des Darms eine Rolle spielen.

DARM-HIRN-ACHSE:

Das Nervensystem des Darms, auch Bauchhirn oder enterisches Nervensystem (ENS) genannt, steht in enger Verbindung mit dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark). Botenstoffe übertragen die Informationen von Nervenzelle zu Nervenzelle.

Auch wenn das Reizdarmsyndrom längst nicht mehr als rein psychisch bedingte Erkrankung angesehen wird, spielt der enge Zusammenhang zwischen seelischer Verfassung, dem Nervensystem und der Darmfunktion beim Reizdarm eine wesentliche Rolle. Unter den Reizdarm-Patienten finden sich häufig auch Personen, die gleichzeitig an Angststörungen oder Depressionen leiden.

Die Nervenzellen von Gehirn und Rückenmark, also des zentralen Nervensystems (ZNS), sind sowohl untereinander verbunden, als auch mit dem Nervensystem des Verdauungstrakts. Dieses Darmnervensystem, oftmals als Bauchhirn bezeichnet, ist bei Menschen mit Reizdarm besonders anfällig für emotionale Reize. Stress kann nicht nur als Auslöser, sondern auch als Verstärker wirken. Er verstärkt die Darmbewegung und fördert das krampfartige und schmerzhafte Zusammenziehen des Darms.

Der Reizdarm ist sehr schmerzempfindlich, da die Darmschleimhaut für chemische und mechanische Reize besonders empfänglich ist. Nicht belegt als Ursache für den Reizdarm ist eine ungesunde Lebensweise mit Alkohol und Nikotin. Ein solcher Zusammenhang konnte bislang nicht sicher festgestellt werden. Gleiches gilt für die Vermutung, dass Pilzinfektionen eine Ursache sein könnten. Dafür ließen sich in wissenschaftlichen Untersuchungen ebenfalls nicht genügend Belege finden.

Was hat das Mikrobiom mit dem Reizdarm zu tun?

In unserem Darm leben mikroskopisch kleine Verbündete, die die Darmgesundheit verteidigen: Milliarden von Mikroorganismen, insbesondere Bakterien, besiedeln die Darmschleimhaut. Dieser bakterielle Mikrokosmos wird auch als Mikrobiom bezeichnet. Die Bakterien sitzen dicht an dicht auf der Darmwand und lassen keinen Platz für krankmachende Erreger. Sie wirken an der Verdauung mit und stärken unser Immunsystem. Sie sind ein eigenes kleines Ökosystem. Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist von Mensch zu Mensch verschieden. Sie wird nicht nur von der Fähigkeit zur wirksamen Immunabwehr (Immunkompetenz) beeinflusst, sondern auch von der Ernährung oder von eingenommenen Medikamenten.

Gerät das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, haben Krankheitserreger die Chance, die Kontrolle zu übernehmen. Eine Ursache dafür kann etwa die Einnahme von Antibiotika sein. Diese richten sich normalerweise gegen schädliche Bakterien, doch auch die guten Darmbakterien fallen Antibiotika zum Opfer. Bei Erkrankungen wie Adipositas (Fettleibigkeit), Diabetes oder Morbus Crohn lassen sich ebenfalls Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmbakterien erkennen. Und die Darmflora von Menschen mit durchfall-betontem Reizdarm unterscheidet sich auffällig von der Darmflora gesunder Personen.

Wie kann man den Reizdarm behandeln?

Aufgrund der vielfältigen Symptome, die von Patient zu Patient unterschiedlich sind, sowie aufgrund der nur teilweise bekannten Ursachen gibt es keine Standardtherapie für das Reizdarmsyndrom. Die neue Leitlinie zum Reizdarm setzt beim Thema Behandlung auch auf die FODMAP-Diät. Denn zu den Lebensmitteln, die verdächtigt werden, das Reizdarmsyndrom zu fördern, gehören die sogenannten FODMAPs. Die Abkürzung FODMAP steht für Fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und (and) Polyole, also bestimmte Zuckerarten (lesen Sie HIER mehr zu FODMAPs).

Bei mehr als 70 Prozent der Betroffenen kann eine Diät mit geringem FODMAP-Gehalt die Symptome verbessern oder sogar ganz beseitigen. Betroffene wissen ohnehin meist intuitiv, welche Lebensmittel ihre Beschwerden verstärken. In vielen Fällen bessert sich das Beschwerdebild schon erheblich, wenn man auf solche Lebensmittel verzichtet.

Probiotika contra Reizdarm-Syndrom

Darüber hinaus kann der Arzt Medikamente verschreiben, etwa Mittel gegen Durchfall oder Verstopfung. Sie wirken jedoch nur gegen die Symptome, die Ursache bleibt bestehen. Weiterhin kann man einen Reizdarm mit Probiotika behandeln. Dabei handelt es sich um eine Zubereitung, die gesundheitsfördernde, lebende Mikroorganismen enthält.

Auch diesbezüglich wurde die Leitlinie zur Behandlung von Reizdarm aktualisiert. Ausgewählte Probiotika haben eine positive Empfehlung erhalten. Ein Standard-Probiotikum gibt es nicht. Es muss individuell entschieden werden, welcher Stamm bei welcher Patientengruppe wirksam ist.

TIPP:

Reizdarm-Beschwerden mit medizinischem Hochleistungs-Probiotikum lindern.

Ausblenden